Pforzheimer Zeitung vom Montag, 12. Mai 2008

Das Leben schreibt die besten Geschichten

PFORZHEIM. "Wir haben uns in beiderseitiger Erleichterung getrennt", gesteht Harald Hurst verschmitzt grinsend, als er dem Publikum bei seiner jüngsten Lesung in der Pforzheimer Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Pforzheim Calw davon berichtet, einst als Lehrer am unweit gelegenen Hilda-Gymnasium tätig gewesen zu sein. Das Publikum lacht - wie so oft an diesem Abend.
Nicht wegen der Tatsache, dass der in Ettlingen lebende Hurst seinen sprichwörtlichen Hut genommen und den Schuldienst in der Goldstadt quittiert hat, sondern vielmehr ob der aberwitzigen Formulierung, mit der der Mundartdichter gleichermaßen hintersinnig wie humorvoll und mit versiertem Sprachwitz Ernstes heiter, vermeintlich Nebensächliches gewichtig werden lässt und dabei gekonnt vor Augen führt: Das Leben schreibt die besten Geschichten, man muss sie nur richtig zu erfassen und mit den passenden Worten wiederzugeben wissen. Und Hurst, das wird an diesem Abend deutlich, ist in dieser Doppeldisziplin ein Meister.
Glaubt man dem Volksmund, der behauptet "Lachen ist gesund", so ist der 1945 in Buchen geborene "König der Babbler", der diesen Titel verdient, aber unfreiwillig trägt, ein Medizinmann, auf dessen Kunst man sich getrost verlassen kann. Nur wenige Autoren und Dichter vermögen schließlich Alltagsgeschichten derart knapp und humorvoll wie Hurst in Worte zu fassen. Ganz gleich ob er von einem Biergartenbesuch und den damit verbundenen Erlebnissen berichtet, ob er von einer Autofahrt ins spanische Feriendomizil erzählt, die nicht zuletzt wegen des vorherigen Verzehrs von Krautsalat eine eigenwillige Dynamik entwickelt oder aber in hintersinniger Art mit allerlei Anglizismen seine Späße treibt: Stets gelingt es dem mehrfach ausgezeichneten Sprachjongleur mit seinem trockenen und bisweilen tiefschwarzen Humor, den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf zu treffen und den Zuhörern einen Lacher um den anderen abzuringen. Es ist purer Genuss, Harald Hurst zu lauschen, der seine Geschichten nicht nur glänzend nieder zu schreiben, sondern auch verbal vorzutragen vermag und dem Auditorium mit seiner Art einen unvergesslichen Abend bereitet.
Dies auch mit Unterstützung von "Trio de Janeiro". Schließlich teilt sich Hurst die Bühne mit dem befreundeten Ensemble, das mit Gitarrist Lú Thome, Sängerin Marianne Martin und Percussionist Martin Romero für einen gelungenen musikalischen Rahmen sorgt. Während Hurst mit großem Erfolg auf die Kraft seines badischen Dialektes setzt, ist es bei "Trio de Janeiro" eher die positive Energie der latein- und südamerikanischen Kompositionen, die das Publikum erreicht, erfreut und begeistert und den Akteuren am Ende reichlich wohl verdienten Beifall beschert.
Ralf Recklies